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Nachdem ich erst einmal tief durchgeatmet habe, setze ich mich heute an den Schreibtisch und arbeite alles der Reihe nach ab, was mir gestern mit auf den Weg gegeben wurde.

  1. Kinderwunschzentrum

Ich suche mir den Zettel mit der Telefonnummer heraus und greife zum Hörer. Ich erkläre der Krankenschwester meine Situation. Sie sieht die Dringlichkeit natürlich ein und gibt mir für kommenden Montag einen Termin. Abgehakt.

  1. Onkologische Praxis

Ich gebe die entsprechenden Worte über die Internetsuchmaschine ein und schaue mir auf einer Karte an, was in der Nähe liegt. Ich werde schnell fündig. Die Praxis hat eine Internetseite, die ich sehr ansprechend finde. Auch die Leute sehen sehr nett aus. ‚Das macht einen guten Eindruck!’, denke ich und greife wieder zum Hörer. Auch hier werde ich freundlich aufgenommen. Wir vereinbaren einen ersten Termin für den zweiten Tag nach Beendigung der ersten Chemo. „Es ist wichtig, dass sie so schnell wie möglich ärztlich in Augenschein genommen werden, wenn Sie wieder daheim sind…“ Und schon ist auch dieser Punkt erledigt.

  1. Perücke

Und wieder begebe ich mich im Internet auf die Suche. Ich finde ein Geschäft, das fußläufig zu erreichen ist. Also schaue ich mir das Ganze aus der Nähe an. Leider muss ich feststellen, dass hier Friseur und Perückenberatung nicht voneinander getrennt sind. Das ist nicht sehr einladend. Besonders kompetent wirkt der Laden außerdem nicht. Also setze ich die Suche im Internet fort… bis ich tatsächlich etwas finde, wo man sich ausschließlich auf Perücken spezialisiert hat. Und wieder greife ich zum Telefon. Die Dame wirkt äußerst herzlich, sodass ich mich gut aufgehoben fühle. Auch wir finden einen gemeinsamen Termin. Häkchen.

Zu guter Letzt nehme ich mir meinen Chemoplan zur Hand und versuche diesen mit seinen ganzen Substanzen zu verstehen. Die Medikamente gegen die Krebszellen (Zytostatika) heißen Ifosfamid und Epirubicin. Während es Ersteres von Tag 1 bis 5 sowohl morgens als auch abends für jeweils eine Stunde gibt, erhalte ich Letzteres über 48 Stunden an Tag 2 und 3. Währenddessen werde ich Tag und Nacht am „Wasser“-beutel hängen (immerhin ganze 3 Liter pro Tag) damit die Zytostatika verdünnt und so schnell wie möglich wieder aus dem Körper ausgeschieden werden. In dem Beutel sind noch andere Zusätze wie zum Beispiel Kaliumchlorid (KCl), welches einen Mangel durch die Therapie ausgleichen soll. Auch der Wirkstoff Mesna steht auf dem Zettel. Dieser dient dem Unschädlichmachen von bestimmten Abbauprodukten, die entstehen, wenn Zytostatika im Körper umgewandelt werden. Denn auch diese Abbauprodukte können wiederum schädlich sein, vor allem für die Harnblase, wo sich dieser ganze Abfall ansammelt. Ansonsten taucht auf der Liste noch der Wirkstoff Piracetam auf, welcher die Gedächtnis- und Konzentrationsstörung sowie den Antriebs- und Motivationsmangel und vorzeitige Ermüdbarkeit lindern soll. Uiuiui… 😦

Um die Übelkeit und das Erbrechen im Griff zu behalten scheint man mich ordentlich zuzudröhnen: Morgens eine Pille Aprepitant hier und `ne Flüssigkeit Granisetron da sowie als Zugabe ein Fläschchen Dexamethason jeweils morgens uns abends. Falls das nicht reichen sollte, gibt es noch einige andere Vertreter je nach Bedarf, zum Beispiel Alizaprid. Auch Tavor wird hier mit aufgelistet. Ich kenne diesen Wirkstoff allerdings nur als angstlösendes Mittel. So wird es zum Beispiel gern Patienten für die Nacht vor einer Operation gegeben, wenn sie sehr nervös sind und nicht schlafen können. Warum es hier in Kombination gegen Übelkeit erwähnt wird, erschließt sich mir leider nicht so ganz… Nichtsdestotrotz bekommt man insgesamt den Eindruck: Wer hier noch kotzt, ist selber Schuld!

Wenn ich die Chemo nach fünf Tagen überstanden habe, bekomme ich am sechsten Tag Neulasta unter die Haut gespritzt. Hierbei handelt es sich um eine Substanz, die die Bildung der weißen Blutkörperchen ankurbelt. Denn die Chemo wird auch sämtliche Blutzellen in Mitleidenschaft ziehen. Prinzipiell ist der Körper natürlich in der Lage, die geschädigten Zellen durch neue zu ersetzen. Bis dahin vergehen aber ein paar Tage und gerade bei den weißen Blutkörperchen kann das sehr verheerend sein. Denn sie stehen für das Immunsystem und jeder Mensch, bei dem diese Zellen unterrepräsentiert sind, ist extrem anfällig für Infektionen. Solche Leute sieht man oft mit Mundschutz umherlaufen. Um diese Zeit der erhöhten Anfälligkeit für Erreger zu minimieren, wird mir also dieses Neulasta gespritzt.

Ansonsten stehen noch Medikamente wie Lioresal, das bei Schluckauf verabreicht werden soll, und Lasix zum Ausschwemmen von Wasseransammlungen im Körper und zur Besserung von Herzrhythmusstörungen auf dem Zettel. Auch sie werden nach Bedarf gegeben.

Ich habe mir bisher mit Absicht noch keine Patientenerfahrungen im Internet durchgelesen. Denn ich will mir keine Angst mit etwas machen, was in meinem konkreten Fall vielleicht gar nicht passieren wird… Nachdem ich nun aber diese ganze Liste an Medikamenten durchforstet habe, bekomme ich ohnehin eine erste Ahnung, was mir so blühen wird. Und das reicht mir für heute – voll und ganz!