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Wahrscheinlich kann ein Normalsterblicher sich das gar nicht vorstellen. Aber den eigenen Körper wieder unter die Lebenden zu befördern, kann richtig in Arbeit ausarten!
Seit meiner ersten 5-Tages-Giftgabe bin ich nun 4 Tage zu Hause. Und während mein Körper wirklich nur sehr langsam wieder Fahrt aufnimmt (nichts für Ungeduldige!), merke ich, welche Baustellen die erste Chemo hinterlassen hat. Grundsätzlich fühle ich mich immer noch ziemlich benebelt. Einen Tag nach meiner Entlassung verspürte ich ein starkes Magen-Darm-Getummel. Passiert ist nichts… aber weggegangen ist es auch nicht. Nach zwei Tagen habe ich einfach etwas weniger gegessen – dann beruhigte sich mein Magen tatsächlich. Ansonsten hatte ich einen Tag lang sowohl im Gesicht als auch an den Fingern regelmäßig Zuckungen, die nicht zu steuern waren. Bis gestern hatte ich zudem einen starken Ausschlag auf dem Dekolleté (vor allem im Portbereich). Tat nicht weh, sah nur scheiße aus.
Generell muss ich mich wohl daran gewöhnen, dass es immer mal wieder irgendwo zwickt. Mein Herz scheint auch deutlich stärker zu schlagen als sonst – zumindest fühlt es sich so an.
Nachts werde ich wach, weil ich das Knattern des Perfusors höre… das Rauschen und Heulen der Geräte… und dazu die blinkenden Lichter… das alles hat sich derart in meinem Gehirn eingebrannt, dass ich selbst daheim daran denken muss.
Gestern unternahm ich meinen ersten Spaziergang an der frischen Luft. Zum Bäume Ausreißen reichte es nicht… aber zum Anschauen. 🙂 Und fragt bitte nicht, wie lange es anschließend dauerte, bis ich die zwei Etagen gen Wohnung erklommen hatte… Aber wenn man eins in diesem Zustand hat, dann ist es Zeit!
Letzte Nacht wurde ich dann wach, weil meine Knochen im Schulter-Nacken-Bereich glühten. Dieses heiße Gefühl zog entlang des Halses bis zum Schädel. Es fühlte sich an, als ob mein ganzer Kopf brennen würde. Fieber hatte ich allerdings nicht und auch beim Anfassen war nichts ungewöhnlich. Ein Kühlkissen auf dem Kopf half aber, das Gefühl in Griff zu kriegen. Nach dem Aufstehen taten dann unzählige Knochen weh, vor allem an den Gliedmaßen. Das muss sie sein: Die Neulasta-Wirkung. Im Krankenhaus warnte man mich, dass die Spritze, die man zur Nachbildung der weißen Blutkörperchen bekam, eine derartige Wirkung entfalten könnte. Auf diese Heftigkeit war ich allerdings nicht vorbereitet. Als ich den Schmerz nicht mehr aushielt und auch weil ich nicht wusste, wie lange das anhalten würde, nahm ich die Schmerztablette ein, die man mir im Krankenhaus für solche Fälle mitgegeben hatte. Leider war das ein totaler Schuss in Ofen: Meine Knochen glühten weiter und der Schmerz blieb. Dafür bekam ich zusätzlich Magen-Darm-Probleme und am frühen Abend musste ich mich schließlich übergeben. Nun wurde ich doch etwas stutzig – was die Schmerztablette anging. Ich googelte also Capros und viel fast in Ohnmacht: Morphin, also ein Opiat! Und ja, zu den Nebenwirkungen gehört auch Erbrechen. Mir ist absolut schleierhaft wie man einem Patienten so was einfach kommentarlos mit nach Hause geben kann. Ich verzichte an dieser Stelle darauf, anzugeben, wie viel ich laut meinem ärztlichen Entlassungsbrief davon am Tag hätte schlucken dürfen… das kann ich eigentlich kaum glauben! Ich habe jedenfalls wieder gelernt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Mir tun nur diejenigen leid, die nicht mehr imstande sind, selbst kontrollieren zu können…
Mit MCP habe ich das Erbrechen irgendwie in den Griff bekommen. Mein Freund päppelte mich derweil mit Wasser und Gemüsebrühe langsam wieder auf. Aber die mit viel Mühe zurückergatterte erste Energie war mit diesem Vorfall wieder komplett verpufft. Ich bin dann bald eingeschlafen und habe bis zum nächsten Morgen durchgeratzt.