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So langsam dachte ich, dass die gröbsten Strapazen des ersten Zyklus‘ überstanden wären… Da wurde ich 5:30 Uhr wegen Schmerzen im unteren Rippenbereich wach. Ich stand auf und versuchte ein paar Schritte zu gehen. Es war furchtbar und glich den Seitenstichen, die man sonst vom Rennen kennt – nur viel schlimmer!
Normalerweise kenne ich meinen Körper recht gut und weiß, was er hat bzw. braucht. Aber hier bin ich ratlos. Die Tatsache, dass ich selbst unter Schmerzmitteln am Abend nicht mehr senkrecht stehen kann, spricht dafür, die 112 anzurufen. Den ganzen Tag habe ich gehofft, das vermeiden zu können. Denn ich will nicht wieder ins Krankenhaus. Ich bin schon genug frustriert, dass ich in den kommenden Monaten so viel Zeit dort verbringen muss. Als junger Mensch hat man doch wirklich besseres zu tun… Na ja, als alter Mensch wahrscheinlich auch… Aber ich sehe ein, dass alles andere unverantwortlich wäre.
So wie bei Schwangeren im neunten Monat der gepackte Koffer in der Ecke steht und auf den Eintritt der Wehen wartet, so liegt mein Rucksack mit den nötigsten Utensilien für den unerwarteten Krankenhausbesuch bereit. Diese Situation zeigt sehr eindrucksvoll, dass sich unser Leben stark verändert hat. Pläne zu schmieden ist eher schwierig geworden. Mein Körper und die Therapien geben den Takt vor und wir passen uns an. Zum Kotzen ist das!
Wir lotsen den Krankenwagen gleich Richtung Rettungsstelle „meines“ Krankenhauses. Es ist nicht das Nächstgelegene… Aber das, wo man mich kennt. Wo ich nicht wieder alles von vorn erzählen muss. Wo der Arzt einfach in meine Akte schaut und Bescheid weiß. Ich kann es nicht leiden, wenn verschiedene Behandlungen an unterschiedlichen Orten stattfinden. Die Ärzte vernetzen sich in der Regel nur schlecht bis gar nicht untereinander. Am Ende bleiben viele kleine Puzzleteile von Befunden übrig, die der Patient sammeln und im Überblick behalten darf. Dass viele Menschen damit aber überfordert sind, bleibt oft unbeachtet.
Im Krankenhaus angekommen, bitte ich meinen Freund darum, meinen Eltern Bescheid zu geben. Natürlich steht mein Vater kurz darauf in der Eingangshalle der Rettungsstelle. Das Personal am Empfang will ihn allerdings nicht reinlassen. Na ja, sie kennen ihn halt nicht so gut wie ich. 😉 Ohne es selbst gesehen zu haben, kann ich mir die Situation bis ins kleinste Detail vorstellen. Natürlich ist er ein Papa, der zu seiner Tochter will. Dazu muss man eigentlich nicht viel sagen. Da er recht schnell in meinem Zimmer steht, wollte man am Empfang offenbar keine all zu große Szene riskieren… Besorgt und hilflos schaut er mir tief in die Augen und seufzt. Ohne es auszusprechen, fragt der Blick mich: Ach Kind, was machst du denn…?! Ich kann nur mit den Schultern zucken.
Der Arzt macht seine Untersuchungen und schnell ist klar, dass nichts Lebensbedrohliches hinter dem Schmerz steckt. Das Urteil lautet: Interkostalneuralgie. Es handelt sich dabei um Schmerzen, die von Nerven ausgehen. In meinem Fall sind es die Nerven zwischen den Rippen. Wir wussten nun, dass das zumindest mit Schmerztabletten wieder in den Griff zu kriegen ist. Ich bin beruhigt.