1. Zeit für mich!
Ich habe stets viel Lob wegen meinem unerschütterlichen Umgang mit dem Krebs erhalten. Ja, ich bin eine Kämpfernatur… mit den vereinten Hörnern eines Widders gesegnet und sicherlich extrem leidensfähig. Aber natürlich habe auch ich meine „stillen“ Momente, in denen ich lieber allein sein will. Aber jammern… das können andere definitiv besser! Mir ist das zuwider. So ticke ich einfach nicht.
Allerdings liegen so viele Dinge unausgesprochen in diversen Schubladen meines Gehirns… das kann und will ich nicht für mich behalten. Deshalb habe ich entschieden, Beobachtungen und Erfahrungen ausführlich niederzuschreiben. Dieser Blog hilft mir sehr, die Krankheit mit ihren unterschiedlichen Facetten zu begreifen, die eigenen Gedanken zu ordnen und nicht zuletzt das Geschehene zu verarbeiten.
2. Zeit für andere (mich und andere Krebspatienten zu verstehen)!
Auch für meine Angehörigen und Freunde ist dieser Blog von enormer Wichtigkeit. Fragen über Fragen haben sich bei so manchem angestaut, wurden aber aus Rücksichtnahme oder Angst nie an mich herangetragen. Und offenbar haben manche Menschen meine Verschwiegenheit über gewisse Wehwehchen sogar auch als tatsächliche Abwesenheit von Problemen verstanden.
Aus diesem Grund ist dieser Blog für beide Zielgruppen wichtig. Denn während die einen offenbar wach gerüttelt und aufgeklärt werden müssen, lechzen die anderen nach Antworten, die sie hier hoffentlich finden werden.
3. Mut machen!
Schon während der Therapiezeit zeichnete sich ab, welch aufbauende Wirkung ich auf andere Patienten hatte. Diese Fähigkeit möchte ich gern weiterverfolgen.
Ja, man kann noch nicht jeden heilen… Aber deshalb müssen Betroffene nicht ihr Dasein an der nächsten Ecke ablegen. Denn gerade jetzt ist es so wichtig, den Mut nicht zu verlieren, die Pobacken zusammenzukneifen und die Krankheit an der Wurzel zu packen. Denn es gibt genügend Gründe, Vertrauen in die mittlerweile sehr fortgeschrittene Medizin und vor allem die eigene Kraft zu haben!
Dabei findet jeder seinen eigenen Weg mit der Krankheit umzugehen. Man kann es wie ich machen: Dem Krebs den Mittelfinger zeigen und ihm den Kampf ansagen. Oder sich mit ihm verbünden und gemeinsam gegen eventuell bestehende Konflikte antreten. Die Entscheidung liegt letztlich bei jedem selbst. Ich weiß nur: Wer sich aufgibt, hat schon verloren!
4. Eine Brücke zwischen Ärzten und Patienten schaffen!
Da ich selbst (Tier-)Ärztin bin, fühle ich mich nun – als Betroffene – ein Stück weit als Schnittstelle zwischen Patient und Arzt. Mit einem Verständnis für beide Seiten habe ich oft Situationen erlebt, wegen denen ich manchmal schmunzeln, oft aber auch mit dem Kopf schütteln musste.
Ich habe es natürlich einfach, da ich das „Fach-Chinesisch“ der Ärzte verstehe. Die Mehrheit der Patienten hat dieses Glück jedoch nicht. Aus meiner Erfahrung entwickelt aber nur ein aufgeklärter Patient einen selbstbewussten Umgang mit der Krankheit. Wissen schafft Sicherheit! Während der Arzt also einfach mal Deutsch reden könnte, sollte der Patient ruhig nachfragen, wenn er etwas nicht versteht. Beides wäre einfach nur menschlich und überhaupt nicht schlimm… im Gegenteil!
5. Die Welt ein bisschen besser machen!
Was haben mein Freund und ich á la Loriot abends in der Badewanne mit unserem Quietscheentchen gesessen und über Geschehenes und Erlebtes philosophiert. Dabei haben gerade mir sich ungeahnt neue Perspektiven aufgetan. Früher war ich in meinen Ansichten auf die Welt ein eher festgefahrener Typ und habe nur (m)eine Sicht auf die Dinge zugelassen. Nun bin ich ein ganzes Stück weiser geworden. Ich sehe die Welt jetzt nicht nur anders, ich lebe sie auch anders – und zwar besser!
Es hinterlässt einen bleibenden Eindruck, wenn man plötzlich nicht mehr im Hamsterrad mitläuft, sondern daneben steht und hilflos zusieht, wie sich die Welt in ihrer scheinbaren Sinnlosigkeit weiterdreht, während man selbst um sein Leben kämpft. Durch diese Erfahrung verspüre ich eine beinahe unheimliche Nähe zu gleichgesinnten Menschen, die aus Sicht der „normalen“ Bevölkerung einfach in keine hübsche, maßgeschneiderte Schublade einer heilen Welt passen wollen.
Wo und wie ich mich in Zukunft genau engagieren werde, wird sich zeigen. Natürlich kann ich allein nicht die Welt retten. Aber das Gefühl, etwas Nützliches tun zu können, ist tatsächlich unbezahlbar.